Die Sensorik, über die das Fahrzeug seine Umgebung wahrnimmt, hat Daimler entwickelt und ist in ähnlicher Weise bereits heute in der neuen E- und S-Klasse verfügbar. Dafür, dass das Fahrzeug auf die von seinen Sensoren gelieferten Daten auch reagieren kann, sorgen Verfahren, die Daimler gemeinsam mit dem Team um Professor Christoph Stiller am Institut für Mess- und Regelungstechnik des KIT und am FZI erarbeitet hat. Bei der Entwicklung dieser Verfahren ging es vor allem darum, berechnen zu können, wie sich das Fahrzeug im Verkehr verhalten soll (Verhaltensgenerierung), um dann den optimalen Weg zu wählen (Trajektorienplanung).
„Aus den Sensordaten bestimmt das System dann Lenkradwinkel, Beschleunigungen und Verzögerungen – kurz: wohin und wie schnell das Fahrzeug fahren soll“, sagte Stiller. So sei das Fahrzeug in der Lage, Kreisverkehre und Kreuzungen zu überqueren, sich in den fließenden Verkehr einzufädeln, andere Verkehrsteilnehmer und Ampeln zu erkennen sowie Hindernisse zu umfahren. „In diesem Forschungsprojekt haben wir demonstriert, das hochautomatisiertes Fahren mit einfachen Videosensoren möglich ist. Assistenzfunktionen, die das Fahren noch sicherer und umweltfreundlicher machen, werden wir schon bald in Serienfahrzeugen sehen“, so Stiller.
Für die Fahrt auf der Bertha-Benz-Route haben er und seine Mitarbeiter sich zusammen mit Daimler auch mit Inhalten für die zum autonomen Fahren erforderlichen neuartigen digitalen Karten beschäftigt. Sie sind mit den Karten, die heutigen Navigationssystemen zugrunde liegen, zwar vergleichbar, jedoch wesentlich detaillierter. „Diese Karten enthalten die Informationen, die das Fahrzeug während der Fahrt nicht oder nur schlecht selbst erfassen kann, etwa die Lage von Fahrkorridoren im Kreuzungsbereich, die Position von Ampeln oder auch Vorfahrtsregeln“, erläuterte Julius Ziegler, damaliger Projektleiter am FZI, der das Projekt auf Karlsruher Seite gemeinsam mit Christoph Stiller koordinierte. Dafür muss das Fahrzeug in der Lage sein, seine Position jederzeit sehr genau zu bestimmen. „Für handelsübliche Navigationssysteme reicht eine Satellitenortung über GPS mit einer Genauigkeit von einigen Metern aus – für unser Vorhaben war allerdings eine zentimetergenaue Ortung erforderlich“, so Ziegler. Gelöst haben die Wissenschaftler dies über ein videobasiertes Lokalisierungsverfahren. Mit einem speziell ausgestatteten Fahrzeug wird hierzu eine Kartierungsfahrt durchgeführt, das heißt, anhand von Kameradaten wird ein visuelles Modell der Strecke und ihrer näheren Umgebung erzeugt. Das automatische Fahrzeug gleicht dieses Modell später über seine eigene Kamera mit der Umgebung ab und ermittelt so jederzeit sehr genau, wo auf der Strecke es sich befindet.
Seit Juni 2012 hatten die Projektpartner mehr als 6.500 Kilometer im öffentlichen Straßenverkehr autonom zurückgelegt. Bei diesen Testfahrten waren jederzeit zwei Sicherheitsfahrer im Fahrzeug, die bei Bedarf eingreifen konnten. Die Testfahrten blieben von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, denn äußerlich ist das Forschungsfahrzeug nicht von einem Serienfahrzeug zu unterscheiden.
Dieses und alle weiteren Videos zum Testfeld finden Sie auch in der Mediathek